Der magnetische Zyklus der Sonne


Zu der Zeit, als Gauß das erdmagnetische Feld studierte, suchte anderswo in Deutschland ein gewissenhafter Amateurastronom namens Heinrich Schwabe, von Beruf Apotheker, nach einem neuen unbekannten Planeten. Der Planet, den man bereits "Vulkan" getauft hatte, wurde innerhalb der Umlaufbahn des Merkur vermutet, und zwar so nahe an der Sonne, daß seine Existenz nur dann nachgewiesen werden konnte, wenn er zwischen Erde und Sonne hindurchwanderte und als schwarzer Punkt über die Sonnenscheibe sichtbar werden sollte. Allerdings besaß die Sonne von sich aus einige schwarze "Sonnenflecken" und um diese von dem neunen Planeten zu unterscheiden, führte Schwabe auch über sie genauesten Buch.
 Änderung der Zahl der 
"Sonnenflecken"
Den Planeten Vulkan gibt es nicht -- er wurde niemals während einer totalen Sonnenfinsternis beobachtet. Nach einem Jahrzehnt oder mehr fleißiger Beobachtungen, aber fand Schwabe etwas, das Astronomen in den letzten zwei Jahrhunderten beschäftigt hatte, seit die Sonnenflecken erstmals von Galilei und Christopher Scheiner beschrieben worden waren: Er fand heraus, daß die Zahl der Sonnenflecken in einem nahezu regelmäßigen Zyklus wuchs und fiel, dessen Länge etwa 11 Jahre betrug. Interessanterweise stellte sich bald heraus, daß große "magnetische Stürme", die das Erdmagnetfeld um mehr als 1 % störten, am häufigsten in den Jahren mit den meisten Sonnenflecken auftraten.
Was aber waren diese Sonnenflecken? Galilei hatte vermutet, sie seien Wolken in der Sonnenatmosphäre, die einen gewissen Anteil ihres Lichtes verdunkelten. Ihre wahre Natur wurde erst geklärt, als 1908 ein führender US Astronom namens George Elery Hale zeigte, daß sie stark magnetisch waren. Ihr magnetisches Feld war so stark wie das eines kleinen Eisenmagneten, etwa 3000 mal stärker als das Magnetfeld an der Erdoberfläche -- doch erstreckten sich die Flecken oft über Gebiete, die größer waren als die Erdoberfläche selbst. Offensichtlich bremste das magnetische Feld den Wärmefluß aus dem Sonneninneren und dunkelte damit die Sonnenflecken gegenüber der ungestörten  restlichen Sonnenoberfläche ab.
Der Beweis für den Magnetismus der Sonnenflecken war das von ihnen abgestrahlte Licht. Glühende Gase senden Licht in eng begrenzten Wellenlängen (d.h. Farben) aus,  einer spezifischen Farbkombination für jede Substanz. 1897 fand Pieter Zeeman jedoch heraus, daß Licht, das von stark magnetischen Regionen abgestrahlt wurde, sich in leicht veränderte Wellenlängen aufspaltete. Der Abstand dieser Linien war um so größer, je stärker das magnetische Feld war. In genau der gleichen Weise "spalteten" sich die Farben des abgestrahlten Lichtes auf. 
Die Methode wurde später durch Babcock und andere verfeinert, so daß Astronomen nicht nur das magnetische Feld der Sonnenflecken, sondern auch das schwächere Feld nahe der Sonnenpole beobachten konnten. Es stellte sich heraus, daß die Sonne ein polares Feld ganz ähnlich dem der Erde besitzt, nur kehrt dieses seine Polarität während des 11jährigen Zyklus einmal um.

Sonnenflecken haben uns auch ein besseres Verständnis des Magnetfelds der Erde beschert. Die Oberfläche der Sonne besteht aus heißem, ionisiertem Gas  ("Plasma"), daß heiß genug ist, um Elektrizität zu leiten. Sonnenflecken werden offensichtlich durch elektrische Ströme hervorgerufen, und es ist wohlbekannt, daß derartige Ströme durch "Dynamoprozesse" generiert werden können, der Bewegung eines elektrischen Leiters (z.B. Sonnenplasma) in einem Magnetfeld.

1919 schlug Sir Joseph Larmor vor, die Felder der Sonnenflecken würden durch genau solche Dynamoströme hervorgerufen. Er vermutete, daß eine geschlossene Kette von Ursachen und Wirkungen existierte, die eine Art rückgekoppelten Dynamoprozeß bildeten. Das Feld, das durch diese Ströme hervorgerufen wurde, war auch das Feld, das diese Ströme erst ermöglichte, das Feld in dem die Plasmabewegung die benötigten Ströme generierte. Viele Einzelheiten der Sonnenflecken sind noch heute rätselhaft, doch Larmors Idee eröffnete eine neue Ära für das Verständnis magnetischer Prozesse im Erdkern.


Hier klicken für Schwabes Originalartikel in dem er erstmals von seinen Beobachtungen zum Zyklus der Sonnenflecken berichtete. 

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Autor und Kurator:   Dr. David P. Stern
     E-mail an Dr.Stern:   earthmag("at" symbol)phy6.org

Deutsche Bearbeitung: Sven Friedel, Universität Leipzig
Letzte Änderung 17. September 2001