Mehr über Gilberts Werk


Neben der Beschreibung seiner eigenen Forschungsergebnisse, widmete Gilbert lange Abschnitte seines Buches der kritischen Prüfung früherer Schriften über Magneten und den Kompaß. Unter anderem ging er der Behauptung nach, das Knoblauch einem Magneten seine Kraft raube, wenn er an diesem gerieben wurde. Gilbert spürte dieser These bis zu "Plutarch und Claudius Ptolemäus und all den Kopisten seit deren Zeit" nach und kommentierte, "daß in der Philosophie viele falsche und eitle Schlüsse aus Fabeln und Falschheiten erwachsen."

 
Richtung der Kompaßnadel
über verschiedenen Teilen von Gilberts Terrella 
Das bedeutendste seiner eigenen Experimente war die magnetisierte  "Terrella" (kleine Erde), ein kugelförmiger Magnet, der als Modell für die Erde diente. Indem er eine kleine Kompaßnadel über die Oberfläche der Terrella bewegte, reproduzierte Gilbert Gilbert das Richtungsverhalten des Kompaß auf der Erde; angeblich demonstrierte er dies auch vor der Königin und ihrem Hof. 
    [In neuerer Zeit haben Wissenschaftler magnetisierte Terrellas in Vakuumkammern benutzt, um den Einfluß des Erdmagnetfeldes auf Polarlicht, auf die darin enthaltenen Elektronen sowie auf kosmische Strahlen und Sonnenwind, nachzuahmen. Mehr zu einem Beispiel hier.]
Gilbert beschäftigte sich neben Magneten auch mit einem ähnlichen und ähnlich unverstandenen Phänomen - der Tatsache, das einige Materialien, wenn man sie leicht an Stoff oder Fell gerieben hatte, in der Lage waren, leichte Objekte wie etwa Spreu anzuziehen. Eines dieser Materialien war Bernstein, ein gelbliches fossilisiertes Harz, das die alten Griechen Elektron nannten. Gilbert prägte für diese Art von Anziehung den Begriff  "elektrische Kraft," und daraus entstanden Begriffe wie elektrische Ladung, Elektrizität, Elektronen und Elektronik. Gilbert ersann sogar eine leichte, drehbar gelagerte Nadel - ein "versorium", das an eine Kompaßnadel erinnerte - um die Richtung der elektrischen Kraft zu erforschen.

 
Die vermutete magnetische 
Anziehung von Landmassen
    Gilbert erklärte die Abweichung der Kompaßnadel von der wahren (astronomischen) Nordrichtung durch die Anziehungskraft der Kontinente, was in Übereinstimmung mit den Beobachtungen im Nordatlantik stand. Die Nadel wich nahe Europa nach Osten ab und nahe Amerika nach Westen. Die Beobachtung, daß nahe den Inseln von  Novaja Semlja, nördlich von Rußland, die Kompaßnadel eine Abweichung nach Westen aufwies, veranlaßte Gilbert zur Hypothese einer "Nord-Ost-Passage" um Rußland, die einen direkteren Seeweg zu den Gewürzinseln des Fernen Ostens ermöglicht hätte. Einige Jahrzehnte früher hatten Frobisher und Davis erfolglos eine ähnliche "Nord-West-Passage" um den amerikanischen Kontinent gesucht.

Das letzte der sechs "Bücher" in die Gilberts Werk "De Magnete" untergliedert ist, beschäftigt sich mit der Bewegung der Erde im Raum und deren möglicher Verbindung zum Magnetismus. Gilbert äußerte seine vollständige Unterstützung für Kopernikus,  "den Neubegründer der Astronomie," was zu Kontroversen über das Buch führte. Galilei, der  "De Magnete" rühmte, erhielt das Buch als Geschenk von "einem erbärmlichen Philosophen von großem Ruhm, der, wie ich glaube, seine Bibliothek von solcherart Ansteckung befreien wollte."


Hintergrund:   London um 1600

Nächste Station:   Magnetismus von Gilbert bis 1820

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Autor und Kurator:   Dr. David P. Stern
     E-mail an Dr.Stern:   earthmag("at" symbol)phy6.org


Deutsche Bearbeitung: Sven Friedel, Universität Leipzig
Letzte Änderung 17. September 2001